ESS richtig auslegen – Von der Planung zur optimalen Speichergröße
Einleitung: Warum eine bedarfsorientierte ESS-Auslegung wichtig ist
Energiespeichersysteme (ESS) – insbesondere Batteriespeicher – haben sich in kürzester Zeit vom Nischenprodukt zur fast schon üblichen Ergänzung von Photovoltaikanlagen entwickelt. Ende 2023 waren in deutschen Eigenheimen bereits über 1,1 Millionen Solarstromspeicher installiert, und rund 79 % der neuen PV-Anlagen werden heute direkt mit einem Speicher geplant. Der Grund ist klar: Ein Stromspeicher erhöht den Eigenverbrauch des Solarstroms und reduziert die Abhängigkeit vom Netz deutlich. Ohne Speicher können typischerweise nur etwa 30 % des PV-Stroms selbst verbraucht werden; mit Speicher lässt sich die Eigenverbrauchsquote erfahrungsgemäß auf 60–70 % steigern. Gleichzeitig steigt auch der Autarkiegrad (Unabhängigkeit vom Netz) in ähnlichem Maße. Allerdings ist nicht jeder Speicher per se sinnvoll – die Auslegung muss zum Bedarf passen, damit Nutzen und Kosten im richtigen Verhältnis stehen. Ein zu klein dimensionierter Speicher wäre schnell voll und könnte überschüssigen Solarstrom nicht aufnehmen, sodass weiterhin viel ins Netz fließt. Ein überdimensionierter Speicher hingegen wird selten vollständig genutzt – eine teure Reserve, die kaum zusätzlichen Nutzen bringt. Daher gilt: Die richtige Speichergröße zu finden, ist entscheidend für eine optimale Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Anlage.
In diesem Beitrag geben wir eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Dimensionierung von ESS. Von der Analyse Ihrer Lastprofile über die Berechnung der benötigten Kapazität bis hin zur Berücksichtigung von Leistungskennzahlen (wie der C-Rate) und Wirkungsgraden – wir erläutern, worauf es ankommt. Auch die Integration des Speichers ins PV-System (Stichwort AC- vs. DC-Kopplung) sowie hilfreiche Planungs- und Simulationstools werden beleuchtet. Diese Anleitung richtet sich an ein Fachpublikum: Wir verwenden also gängige Fachbegriffe, achten aber dennoch auf eine verständliche Formulierung.
Schritt 1: Analyse des Lastprofils – Verbrauch und Lastspitzen verstehen
Am Anfang jeder Speicher-Auslegung steht die gründliche Analyse des elektrischen Lastprofils. Dazu sollte man den Stromverbrauch über typische Tage und Jahreszeiten betrachten. Wichtig sind insbesondere:
Tagesgang und Lastspitzen: Wann fallen hohe Verbräuche an? Gibt es abends oder morgens Peaks, z.B. durch Kochen, Warmwasserbereitung oder E-Auto-Ladung? Verbrauchsspitzen in den Abend- und Morgenstunden sprechen für einen größeren Speicher, damit genügend Energie für diese Zeiten bereitsteht. Fallen die größten Verbraucher hingegen mittags an (wenn PV-Anlagen viel produzieren), kann ein kleinerer Speicher genügen, da Erzeugung und Verbrauch zeitlich besser übereinstimmen. Zudem sollte man Lastspitzen in kW betrachten: Ein Speicher kann nur dann solche Peaks abfedern, wenn seine Leistung (Wechselrichterleistung) ausreichend hoch ist – hierzu später mehr (siehe C-Rate).
Wochentags- und saisonale Schwankungen: Unterscheiden sich Werktage von Wochenenden im Verbrauch? Wie wirkt sich die Jahreszeit aus? Besonders in unseren Breiten ist die PV-Stromerzeugung jahreszeitlich stark schwankend: Im Sommer oft Überschuss am Mittag, im Winter dagegen an vielen Tagen kaum Solarertrag. Entsprechend wird ein Batteriespeicher im Winterhalbjahr oft nicht voll und kann die Versorgung nur begrenzt unterstützen. Es ist wichtig zu erkennen, dass ein Batteriespeicher kein saisonaler Speicher ist – er überbrückt primär Tag-Nacht-Zyklen und keine sonnenarmen Monate.
PV-Erzeugungsprofil: Legen Sie das PV-Leistungsprofil über das Verbrauchsprofil. So sieht man, wann Überschüsse entstehen, die potenziell gespeichert werden können. Bei einer nach Süden ausgerichteten PV-Anlage treten typische Erzeugungsspitzen mittags auf, während Ost-West-Ausrichtungen breitere Ertragskurven liefern (Strom am Vor- und Nachmittag). Die Ausrichtung beeinflusst also, wie gut der Solarstrom zeitlich zum Verbrauch passt – und damit, wie groß ein Speicher sein sollte, um Überschüsse optimal aufzunehmen.
Zukünftige Entwicklungen: Planen Sie Veränderungen im Verbrauch mit ein. Steht die Anschaffung eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe an? Solche neuen Verbraucher erhöhen den Energiebedarf erheblich. In der Planung sollte man diese Faktoren berücksichtigen und ggf. ein größeres Speichersystem vorsehen, um den Mehrbedarf decken zu können.
Durch die Lastprofil-Analyse gewinnen Sie ein Gefühl dafür, wie viel Energie typischerweise vom Tag in die Nacht verschoben werden muss und welche Leistungsanforderungen an den Speicher gestellt werden. Wichtig ist auch zu erkennen, dass eine 100%ige Netzunabhängigkeit selbst mit großem Speicher nicht realistisch ist – dafür sind Produktion und Verbrauch zu unregelmäßig. PV-Anlagen erzeugen wetter- und jahreszeitabhängig nie jeden Tag exakt den Bedarf, und auch der Verbrauch schwankt täglich. Der Speicher kann also immer nur für den “Durchschnitt” ausgelegt werden, nicht für absolute Spitzenwerte. Dieses Bewusstsein verhindert überzogene Erwartungen und extreme Überdimensionierungen.
Schritt 2: Bestimmung der nutzbaren Kapazität – Tagesbedarf, Autarkie und Eigenverbrauch
Als nächstes geht es darum, die benötigte Speicherkapazität abzuschätzen. Dabei sprechen wir immer von der nutzbaren Kapazität in Kilowattstunden (kWh) – also jener Energiemenge, die der Speicher effektiv bereitstellen kann. Oft wird die Nennkapazität eines Akkus nämlich nicht zu 100 % nutzbar gemacht, um die Lebensdauer zu schonen. Entscheidend ist die Entladetiefe (Depth of Discharge, DoD): Sie gibt an, welcher Prozentsatz der gespeicherten Energie maximal entnommen werden kann. Bei modernen Lithium-Ionen-Batterien liegt die empfohlene Entladetiefe meist zwischen 70 % und 100 %, da tiefere Entladungen kaum noch schaden. Beispielsweise liefert ein 7 kWh-Speicher mit 80 % DoD etwa 5,6 kWh nutzbare Energie. In der Praxis kann ein gut ausgelegtes Batteriemanagementsystem die Kapazität fast vollständig ausschöpfen, ohne die Batterie zu schädigen – dennoch wird zur Auslegung mit der nutzbaren Kapazität geplant, um Reserve und Wirkungsgradverluste zu berücksichtigen.
Wieviel Kapazität braucht man nun? Ein einfacher erster Ansatz ist die Orientierung am täglichen Bedarf bzw. am Jahresverbrauch. Die Verbraucherzentrale empfiehlt als Richtwert etwa 1 kWh Speicherkapazität pro 1.000 kWh Jahresstromverbrauch. Dieser Richtwert deckt sich mit gängigen Faustregeln aus der Praxis: Für einen typischen Haushalt entspricht das ungefähr dem Strom, der zwischen Abend und Morgen verbraucht wird. Ein Beispiel: Hat ein Vier-Personen-Haushalt einen Jahresverbrauch von rund 4.500 kWh, ergibt sich ein Speicherbedarf von etwa 4,5 kWh nutzbar. Geht man von einer Entladetiefe von ~100 % aus, wären das ca. 4,5 kWh Nennkapazität; bei einer DoD von 70–80 % benötigt man rund 6–6,5 kWh Nennkapazität. In der Praxis wird häufig die Speichergröße auch an der PV-Leistung gespiegelt: Oft gilt, die Batterie (in kWh) solle etwa der PV-Leistung (in kWp) entsprechen. Für eine 5 kWp Anlage mit ~5.000 kWh Jahresverbrauch wäre demnach ein 5 kWh-Speicher ideal – was im Beispiel oben ebenfalls passt.
Natürlich ist dies nur ein grober Startpunkt. Für eine verfeinerte Dimensionierung sollten mehrere Einflussfaktoren einbezogen werden, die sich aus dem vorher analysierten Lastprofil und den Zielen des Betreibers ergeben:
Jahresstromverbrauch und Lastprofil: Wie hoch ist der typische Tages- und Nachtverbrauch? Ziel sollte sein, mit dem Speicher den durchschnittlichen Verbrauch über Nacht abdecken zu können, ohne dass große Überschüsse ungenutzt bleiben.
Leistung der PV-Anlage: Ein Speicher ist nur sinnvoll, wenn die PV-Anlage genügend Überschuss produziert. Faustregel: pro 1.000 kWh Jahresverbrauch sollte die PV etwa 1 kWp Leistung haben, damit genug Solarstrom erzeugt wird. Ist die PV-Leistung sehr gering im Verhältnis zum Verbrauch, bringt ein großer Speicher wenig, da er mangels Überschuss selten voll wird. Generell gilt: Ein Speicher ist nur sinnvoll, wenn regelmäßig Überschussstrom anfällt.
Verbrauchsverhalten (Tagesverlauf): Werden abends/nachts große Strommengen benötigt (z.B. Kochen, Unterhaltungselektronik, Laden eines E-Autos über Nacht), tendiert man zu einem größeren Speicher. Bei hohem Mittagsverbrauch hingegen reichen kleinere Speicher, da ein Teil des PV-Stroms direkt verbraucht wird.
Ziel-Autarkiegrad und Eigenverbrauchsquote: Wer einen möglichst hohen Autarkiegrad (Unabhängigkeit vom Netz) anstrebt, benötigt tendenziell einen größeren Speicher. Gleiches gilt für die Eigenverbrauchsquote – also den Anteil des PV-Stroms, den man selbst nutzen will. Allerdings nehmen ab einer gewissen Speichergröße die Zugewinne immer weiter ab: Autarkiegrad und Eigenverbrauch lassen sich jenseits eines bestimmten Speichervolumens nur noch geringfügig steigern. Das zeigt z.B. der Unabhängigkeitsrechner der HTW Berlin, der die Sättigungseffekte schön veranschaulicht. Mit anderen Worten: Ab einem bestimmten Punkt bringt jede zusätzliche kWh Kapazität immer weniger zusätzlichen Nutzen.
Wirtschaftlichkeit: Größere Speicher kosten mehr Geld und belasten ggf. das Budget des Projekts. Wichtig ist, dass der Speicher sich über die Lebensdauer durch Stromkosteneinsparungen amortisiert. Ein zu kleiner Speicher schöpft das Einsparpotenzial nicht aus – beispielsweise wäre er oft schon mittags voll und könnte den restlichen Überschuss nicht aufnehmen, was weiterhin Netzbezug in den Abendstunden bedeutet. Ein zu großer Speicher hingegen wird nie vollständig genutzt und die teure ungenutzte Kapazität rechnet sich nicht. Zudem führt ein ständig hoher Ladezustand (bei halbleer-halbvollen großen Speichern) zu schnellerer Alterung der Batterie. Aus wirtschaftlicher und technischer Sicht ist es daher ideal, den Speicher weder zu klein noch zu groß zu wählen, sondern „genau richtig“, sodass er an sonnigen Tagen am Nachmittag voll wird und bis zum nächsten Morgen wieder zu großen Teilen entladen ist.
Zusammengefasst: Die optimale Speicherkapazität orientiert sich am durchschnittlichen täglichen Überschuss und Nachtbedarf. In vielen Fällen liegt sie für Einfamilienhäuser in der Größenordnung von 2,0 kWh pro kWp PV-Leistung bzw. pro 1.000 kWh Jahresverbrauch. Mit einem solchen Speicher lässt sich der Eigenverbrauch deutlich erhöhen und der Autarkiegrad in typische Bereiche von 70-80 % heben, während Einspeisespitzen und Netzbezug spürbar sinken. Wichtig ist jedoch stets, die individuellen Umstände (Verbrauchsprofil, Erweiterungspläne, Budget) einzubeziehen und im Zweifel einen Experten zurate zu ziehen.
Schritt 3: Berücksichtigung der C-Rate – Leistung vs. Kapazität
Neben der reinen Kapazität spielt die Leistung des Speichersystems eine entscheidende Rolle. Die sogenannte C-Rate verbindet beide Größen: Sie gibt das Verhältnis von Lade-/Entladeleistung zur Kapazität an. Eine C-Rate von 1 C bedeutet, dass der Speicher mit einer Leistung entladen/geladen wird, die seiner gesamten Kapazität in einer Stunde entspricht. Beispiel: Ein Akku mit 10 kWh Kapazität und 1 C könnte mit 10 kW Leistung in einer Stunde vollständig entladen oder geladen werden. Bei 0,5 C wären es 5 kW über zwei Stunden, bei 0,25 C entsprechend 2,5 kW über vier Stunden, usw.
Warum ist die C-Rate wichtig? Sie bestimmt, wie schnell der Speicher nutzbar Energie aufnehmen und abgeben kann. Eine zu geringe C-Rate (also eine niedrige Leistungsabgabe im Verhältnis zur Kapazität) hat zwei wesentliche Nachteile:
Lange Ladezeiten: Ist die Ladeleistung zu gering, dauert es sehr lange, den Speicher wieder voll zu laden. Insbesondere an Tagen mit begrenzter Sonnenscheindauer im Winter könnte ein Speicher mit sehr niedriger C-Rate gar nicht vollständig geladen werden, bevor die Sonne wieder untergeht.
Begrenzte Abdeckung von Lastspitzen: Tritt ein hoher Verbrauch (Lastspitze) im Haushalt auf, kann ein Speicher mit niedriger C-Rate diesen Bedarf unter Umständen nicht vollständig decken. Sind Lade- und Entladeleistung zu gering, lassen sich Verbrauchsspitzen nicht abfangen, obwohl eigentlich noch Kapazität im Speicher wäre. Der Haushalt müsste dann trotz vollem Akku zusätzlichen Strom aus dem Netz ziehen, nur weil der Speicher nicht schnell genug liefern kann.
In der Praxis geben Hersteller daher für Batteriespeicher eine Nennleistung (in kW) an, die häufig im Bereich von 0,5 C bis 1 C des Speichers liegt. Viele Heimspeicher sind z.B. so ausgelegt, dass ein 10 kWh Speicher eine Dauerleistung von etwa 5 kW (0,5 C) bereitstellen kann, oftmals mit kurzzeitigen Spitzen bis 1 C oder höher. Studien haben gezeigt, dass für typische Anwendungen ein Leistungs-Verhältnis von etwa 0,3 kW pro kWh Kapazität (0,3 C) bereits ausreichend ist, um den Nutzen des Speichers nahezu voll auszuschöpfen. Wird die Leistung jedoch deutlich geringer (unter ~0,2 kW/kWh) ausgelegt, sinkt der erzielbare Autarkiegrad spürbar – der Speicher kann dann seinen Inhalt nicht schnell genug umschlagen.
Für die Auslegung bedeutet das: Achten Sie auf ein ausgewogenes Verhältnis von Kapazität und Leistung. Ein großer Speicher nützt wenig, wenn er nur mit kleinem Strom arbeiten kann. Umgekehrt muss ein sehr leistungsstarkes Speichersystem auch genug Kapazität haben, damit es nicht nach wenigen Minuten leer ist. Orientieren kann man sich an den üblichen C-Raten heutiger Systeme: Werte um 0,5 C sind gängig und bieten eine gute Balance, um sowohl die täglichen Ladezeiten als auch kurzzeitige Lastspitzen abzudecken. Bei speziellen Anforderungen – etwa Peak Shaving in Gewerbebetrieben, wo es darum geht, sehr hohe Leistungsspitzen zu kappen – können auch höhere C-Raten (1 C und mehr) sinnvoll sein. Wichtig ist in jedem Fall, die Leistungsdaten des Batteriespeichers (Wechselrichterleistung) in der Planung mit dem Lastprofil abzugleichen: Die maximale Entladeleistung sollte zumindest so hoch sein, dass die größten regelmäßigen Lastspitzen im Verbrauch damit bedient werden können. Ebenso sollte die Ladeleistung ausreichen, um an einem sonnigen Tag den Speicher während der verfügbaren Sonnenstunden füllen zu können.
Schritt 4: Wirkungsgrad des Batteriesystems – Verluste einplanen
Kein Energiespeicher arbeitet verlustfrei. Beim Laden und Entladen treten Umwandlungsverluste auf, die den Wirkungsgrad des Systems bestimmen. Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen Zellwirkungsgrad und Systemwirkungsgrad:
Der Zellwirkungsgrad bezeichnet die Verluste innerhalb der Batterie selbst (chemische und elektrische Verluste in den Batteriezellen). Moderne Lithium-Ionen-Zellen haben sehr hohe Wirkungsgrade, oft über 95 % pro Lade-Entlade-Zyklus. Das heißt, von 1 kWh hinein gespeicherter Energie bekommt man mehr als 0,95 kWh wieder heraus. Dieser Wert ist technologisch bedingt und bei Lithium-Batterien ein großer Vorteil gegenüber älteren Technologien wie Bleiakkus.
Der Systemwirkungsgrad bezieht alle Komponenten ein, also neben der Batterie auch Wechselrichter, Ladegeräte und Steuerung. Gerade bei netzgekoppelten Speichern muss der Strom teils mehrfach umgewandelt werden: z.B. von PV-Gleichstrom zu Wechselstrom und dann im Batteriespeicher wieder zurück zu Gleichstrom, sowie beim Entladen erneut zu Wechselstrom. Jede Wandlung kostet ein paar Prozent Energie. Je weniger Umwandlungsschritte, desto höher der Gesamtwirkungsgrad.
In der Praxis erreichen DC-gekoppelte Speichersysteme Wirkungsgrade von etwa 90–95 %, da der Solarstrom ohne doppelte Umwandlung direkt in die Batterie fließt. AC-gekoppelte Speicher kommen hingegen meist auf etwa 80–90 % Gesamtwirkungsgrad, weil hier der Strom zweimal konvertiert wird (PV DC -> AC -> zurück zu DC in die Batterie). Ein anschauliches Beispiel: Viele Hersteller geben an, dass von 10 kWh, die aus dem PV-Generator in den Speicher geladen wurden, am Ende etwa 8–9 kWh wieder für den Haushalt nutzbar entnommen werden können. Diese Systemwirkungsgrade sollte man in der Planung berücksichtigen – z.B. fällt bei 90 % Wirkungsgrad pro Zyklus jede gespeicherte kWh zu 10 % “verloren” als Wärme.
Wichtig: Wirkungsgradangaben der Hersteller sind nicht immer einheitlich definiert. Es gibt noch keine allgemeingültige Norm zur Messung des Speichergesamtwirkungsgrads. Manche Werte beziehen sich auf die reinen Batteriezellen (DC-DC-Wirkungsgrad), andere auf das gesamte AC-System. Daher sollte man genau hinsehen, welche Definition zugrunde liegt. Im Zweifel ist für die Praxis der AC-zu-AC-Wirkungsgrad relevant – also vom PV-Generator oder Netz in den Speicher und wieder zurück ins Hausnetz. Typische realistische Gesamtwirkungsgrade inkl. aller Verluste liegen heute bei Lithium-Heimspeichern um 85–95 %. Die Spanne hängt von der Kopplungsart (AC vs. DC), der Qualität von Wechselrichtern und auch vom Betriebsbereich ab. Teillastbetrieb kann z.B. weniger effizient sein als Betrieb nahe der Nennleistung.
Bei der Dimensionierung sollte man also einplanen, dass die tatsächlich nutzbare Energie etwas geringer ist als die gespeicherte. Ein höherer Wirkungsgrad bedeutet effektiv mehr nutzbare Kapazität. Während man Wirkungsgrade nicht direkt “auslegen” kann, beeinflusst die Systemauswahl (AC- oder DC-Speicher, Komponentenqualität) diesen Aspekt. Dazu im nächsten Schritt mehr.
Schritt 5: Integration in das PV-System – DC- oder AC-Kopplung, Eigenverbrauchsoptimierung und Netzanforderungen
Ein ESS kann auf zwei Arten in eine PV-Anlage integriert werden: DC-gekoppelt oder AC-gekoppelt. Diese Begriffe beziehen sich darauf, auf welcher Seite des PV-Systems der Speicher angebunden wird:
Bei der AC-Kopplung wird der Speicher nach dem PV-Wechselrichter ins Hausnetz integriert. Die Photovoltaikanlage liefert Gleichstrom, der vom PV-Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt und ins Hausnetz eingespeist wird. Der Batteriespeicher hängt dann am Hauswechselstromnetz (230 V AC) und hat einen eigenen Batterie-Wechselrichter, der den Strom fürs Speichern und Entnehmen wieder in Gleichstrom wandelt. Das bedeutet: PV-Strom durchläuft erst den PV-Wechselrichter (DC→AC) und dann beim Speichern einen zweiten Wechselrichter (AC→DC in die Batterie, und beim Entladen wieder DC→AC). AC-Speicher arbeiten also netzseitig, was sie vergleichsweise einfach nachrüstbar macht – man kann sie unabhängig von der PV-Anlage auch später hinzufügen, ohne den PV-Wechselrichter tauschen zu müssen. Nachteilig sind die bereits erwähnten zusätzlichen Umwandlungsverluste und die zusätzlichen Komponenten.
Bei der DC-Kopplung wird der Speicher auf der Gleichstromseite direkt an den PV-Generator angebunden. Hierzu verwendet man entweder einen Hybrid-Wechselrichter, der sowohl die PV-Module als auch die Batterie gleichzeitig managt, oder man setzt einen separaten DC-Laderegler/Batteriewechselrichter ein, der zwischen PV und bestehendem Wechselrichter geschaltet wird. In jedem Fall fließt der Solarstrom direkt (als Gleichstrom) in die Batterie, bevor er (später) einmalig vom Wechselrichter in AC umgewandelt wird. Vorteil: Weniger Umwandlungsstufen und Komponenten, dadurch höherer Gesamtwirkungsgrad des Systems. Nachteil: Eine DC-Kopplung ist planerisch aufwendiger bei Nachrüstungen – oft muss die Wechselrichtertechnik angepasst oder ersetzt werden. Deshalb empfiehlt sich die DC-Kopplung vor allem bei Neuanlagen, wo man gleich einen Hybrid-Wechselrichter einplanen kann, während bei bestehenden Anlagen die AC-Nachrüstung oft einfacher ist.
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Kriterium |
AC-gekoppelter Speicher |
DC-gekoppelter Speicher |
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Einsatzfall |
Ideal zur Nachrüstung bei bestehenden PV-Anlagen (unabhängig vom PV-Wechselrichter). |
Ideal für Neuanlagen, da effizienter und weniger zusätzliche Hardware nötig. |
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Wirkungsgrad |
Etwas niedriger durch doppelte Wandlung (typisch ca. 80–90 % Gesamtwirkungsgrad). |
Höher, da direkte DC-Speicherung (typisch ca. 90–95 % Wirkungsgrad). |
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Komponenten |
Erfordert zusätzlichen Batterie-Wechselrichter (zusätzliche Kosten und Platzbedarf). |
Kein eigener Batterie-Wechselrichter nötig (Hybrid-Wechselrichter nutzt die PV-Einheit mit). |
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Installation |
Einfacher zu installieren bei bestehenden Anlagen (wird einfach ans Hausnetz angeschlossen). |
Höherer Installationsaufwand bei Nachrüstung, da Eingriff ins DC-System / Austausch Wechselrichter notwendig. |
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Kosten |
Tendenziell teurer (zusätzlicher Wechselrichter, höhere Verluste). |
Tendenziell günstiger bei Neuplanung (weniger Geräte; allerdings Hybrid-WR ggf. teurer als Standard-WR). |
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Flexibilität |
Kann unabhängig von PV-Anlagengröße dimensioniert und überall im Hausnetz platziert werden; auch für Balkonkraftwerke geeignet. |
Direkt ins PV-System integriert – weniger flexibel im Nachhinein, aber dafür kompakter und effizienter im Gesamtsystem. |
Welche Variante ist “besser”? Das lässt sich pauschal nicht beantworten – es hängt vom Anwendungsfall ab. Beide Systeme erfüllen den Zweck, den Eigenverbrauch zu erhöhen und Solarstrom zu speichern, aber mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen:
Wie die Tabelle zeigt, sind DC-Systeme hinsichtlich Effizienz im Vorteil, während AC-Systeme bei Nachrüstungen oder speziellen Anwendungen flexibler sein können. Für typische Eigenheim-PV-Anlagen, die neu geplant werden, wird heute meist eine DC-Kopplung mit Hybrid-Wechselrichter gewählt, um maximale Effizienz und geringere Kosten zu erzielen. Bei einer Nachrüstung hingegen ist oft die AC-Kopplung die einfachere Lösung, da man das vorhandene PV-System unverändert lässt und den Speicher einfach parallel anschließt.
Netzanforderungen: Unabhängig von der Kopplungsart muss ein ESS die geltenden Netzrichtlinien erfüllen. In Deutschland bedeutet das z.B., dass der Batterie-Wechselrichter den Vorgaben der VDE-AR-N 4105 (oder Nachfolgeregelungen) entsprechen muss, insbesondere was Sicherheit und Abschaltung betrifft. Bei Netzausfall dürfen netzgekoppelte Speicher keine Energie ins öffentliche Netz abgeben (Anti-Islanding). Viele Heimspeicher bieten optional eine Notstrom- bzw. Backup-Funktion, bei der im Inselbetrieb bestimmte Haushaltskreise weiter versorgt werden können – auch dies erfordert eine spezielle Schalttechnik und sollte bei der Integration berücksichtigt werden (Notstrom-Umschalter, Ersatzstromfähigkeit des Wechselrichters). Zudem achten Netzbetreiber auf die Einhaltung von Einspeiselimits und eine saubere Netzsynchronisation. Seit 2023 ist zwar die 70%-Einspeisebegrenzung für kleine PV-Anlagen entfallen, dennoch kann ein Speicher helfen, Einspeisespitzen zu kappen und so das Netz zu entlasten. In manchen Fällen (v.a. bei größeren Anlagen) fordern Netzbetreiber eine Möglichkeit zur Fernsteuerung oder Leistungsreduzierung – moderne Speichersysteme können in ein Energiemanagement eingebunden werden, das solche Vorgaben umsetzt. Für das Fachpublikum sei der Hinweis erlaubt: Beim Anschluss eines Speichers ist eine Anmeldung beim Netzbetreiber erforderlich, und die Inbetriebnahme muss durch einen Fachmann erfolgen, der die Einhaltung aller technischen Vorgaben sicherstellt.
Zusammengefasst sollte die Integration so geplant werden, dass der Speicher optimal mit der PV-Anlage zusammenspielt und zugleich den regulatorischen Anforderungen genügt. Eine saubere Planung (inkl. Dimensionierung von Leitungen, Absicherungen, Kommunikationsanbindung für Monitoring etc.) ist hier essentiell.
Fazit
Ein Energiespeichersystem richtig auszulegen bedeutet, eine Balance zu finden: Der Speicher muss groß genug sein, um den gewünschten Nutzen (höherer Eigenverbrauch, Netzunabhängigkeit, Lastspitzenabdeckung) zu erreichen, aber nicht so groß, dass er unwirtschaftlich wird oder ungenutzt bleibt. Schritt für Schritt – von der Lastprofilauswertung über die Kapazitäts- und Leistungswahl bis hin zur Integration ins PV-System – lässt sich ein ESS so planen, dass es technisch und wirtschaftlich überzeugt. Moderne Lithium-Ionen-Speicher bieten hohe Wirkungsgrade und Flexibilität, doch die Feinabstimmung von Kapazität (kWh) und Leistung (kW) sowie die Entscheidung zwischen AC- und DC-Kopplung bestimmen maßgeblich den Erfolg des Projekts. Mit den vorgestellten Methoden und Tools kann eine bedarfsorientierte Auslegung gelingen, die genau auf das jeweilige Nutzungsprofil zugeschnitten ist. So erzielt man einen deutlich höheren Eigenverbrauch und Autarkiegrad, ohne unnötige Mehrkosten oder Einbußen in Kauf zu nehmen. Kurz gesagt: Die optimale Speichergröße macht aus einer PV-Anlage ein rundes Gesamtsystem, das ökologisch wie ökonomisch Sinn ergibt – und Sie sind für die Energiezukunft bestens gerüstet.